< ZURÜCK ZUR KARTE|   WESTLICH RARON

Illustration Fabian Kuonen

Eischoll

DIE FRAU IN DER GOLDIGEN HÖHLE


Am Beibrächitschuggo vorbei führt der uralte Kirchweg der Gemeinde Eischoll zur frühern Mutterpfarrei Niedergesteln.

Ein armes Büblein hütete einst in der Nähe des Felsens etliche Ziegen. Es sass am Wege und blies einfache Weisen auf seiner Holzpfeife. Da hörte es plötzlich ein gar liebliches Singen und Klingen vom Felsen heraus, dass es seine Pfeife zu Boden fallen liess und zum Felsen emporschaute. Und der Fels öffnete sich und weitete sich zur mächtigen Halle und darin funkelte und blitzte es von Gold und allerlei Kostbarkeiten, dass dem armen Büblein vor lauter Schauen die Augen übergingen. Aus der Halle hervor aber schritt in rauschendem Seidengewande eine Frau von strahlender Schönheit und Anmut. Bittend sprach sie zum Büblein: "All dieser Reichtum sei dein; aber wirf mir mit deiner reinen Hand, an der noch kein ungerechtes Gut klebt, etwas an, was du hast." Rasch glitt die Hand des Bübleins in die zerrissene Hosentasche. Aber die war leer. Es besass nur die Holzpfeife. "Frau", sprach das Büblein, "ich habe nur meine Pfeife und die gebe ich euch nicht, sonst könnte ich ja nicht mehr pfeifen."
Ein geller Wehruf, ein Krachen - und verschwunden war die edle Frau und verschwunden die Halle und alle Kostbarkeiten.

Gar manches Ziegenhirtlein schaute seither sehnsüchtig zum Beibrächitschuggo empor. Doch nimmer erschien die Frau. Aus dem Felsen heraus aber klang es oft wie verhaltenes Weinen und Seufzen - Weinen und Seufzen jener unglücklichen Frau, die der hartherzige Bub in seiner Selbstsucht nicht erlöst hatte.